Die ersten Wochen waren wir im Paradies unterwegs. Immer schön kühl, In den Appalachen manchmal abends kalt, am Golf von Mexiko immer eine nette Brise. So ließ es sich aushalten. Klar wird mir das hier auf der Interstate 10 Richtung El Paso, irgendwo in Texas. Es ist heiß.
Gestartet sind wir heute bei Austin und anfangs ging es durch richtig beschauliche Landschaft mit viel Obstanbau und grünen Wiesen. Doch mit der Zeit, wir haben es kaum bemerkt, hat sich das geändert. Jetzt gibt es nur noch Geradeaus und ... so etwas wie Wüste, oder Halbwüste. Oder so. Zu sehen gibt es hier jedenfalls nichts. Ganz schön heiß.
Der Motor unter unseren Sitzen wärmt die Hinterbacken, die Sonne über uns heizt die schwarze Karosserie auf und brennt auf Oberschenkel und Armen. Schnell zeigt sich, dass wir Beide ganz unterschiedliche Ansätze haben, mit der Hitze klarzukommen. Isi wird gerne gebacken. Fenster auf, trockene Heißluft von allen Seiten. Zusammen mit der Ober- und Unterhitze muss sie auf der Beifahrerseite so in kurzer Zeit schön knusprig braun werden. Für mich funktioniert das Konzept „Schmoren“ besser. Fenster geschlossen, einen feuchten Waschlappen auf dem Kopf. Die Lüftung ist gerichtet auf immer wieder gewässerte Arme und Oberschenkel, wo die Verdunstungskälte dafür sorgt, dass ich hinter dem Lenkrad bei etwas geringerer Temperatur langsam aber sicher schön zart werde.
Während ich mir überlege, wie man im Cockpit feuchte Tücher aufhängen könnte, ohne die Sicht auf die Straße zu sehr zu beeinträchtigen, werden wir immer wieder überholt. In Texas fährt zwar keiner richtig schnell, aber einfach jeder fährt ein bisschen schneller als wir. Ob Pick-Up, Semi-Truck, 18-Wheeler, Bauarbeiter auf dem Weg zur Arbeit, gut gefüllter Tiertransporter, oder bezugsfertiges Eigenheim, alle fahren zumindest 5 mph schneller als wir.
Kurz nachdem wir unser erstes und einziges Fahrzeug des Tages überholt haben - ein Tieflader mit etwas hinten drauf, das aussieht wie eine Ölbohrinsel - fahren wir raus zur Tankstelle. Diesel und Eis nachfüllen. Am Abend zuvor haben wir festgestellt, dass unser Kühlschrank die Waffen gestreckt hat. Der Grund ist uns zwar noch nicht klar, aber bis die klimatischen Bedingungen zulassen, dass wir uns damit beschäftigen, kommt einfach Eis in das Kühlfach. Die Hälfte des 10-Kilo-Sacks passt in den Kühlschrank. Die andere Hälfte kommt fortan, nach und nach, in den Waschlappen und verdunstet auf meinem Kopf. Isi legt regelmäßig nach.
Ein oder zwei Kilo Eis später hat sich die Landschaft noch nicht geändert. Wohl aber der Himmel. Man sieht hier nicht viel, aber dafür weit. Und man sieht irgendwie mehr Himmel als Erde. Und der ist am Horizont ganz schön dunkel. Man kann richtig gut erkennen, dass es ganz weit vor uns regnet. Mit der Zeit wird klar, dass wir mitten hindurch fahren werden. Voller Vorfreude und ein wenig beklommen fahren wir dem großen, dunklen Himmel entgegen.
Die Leute in den Autos auf der Gegenspur kommen uns jedoch nicht sonderlich erfrischt vor. Viele fahren mit Warnblinkern, manche halten auf dem Standstreifen, um Ihren Wagen zu untersuchen. Kurz darauf stehen auch wir auf dem Seitenstreifen. Der Wind kommt von vorne und die tischtennisballgroßen Hagelkörner trommeln auch im Stand heftig genug an die Front, sodass wir lieber stehen bleiben. Auch so wäre fahren kaum möglich, denn sehen kann man nicht weit und der dröhnende Donner lässt einen immer wieder unwillkürlich in Deckung gehen. Ein LKW stellt sich kurz darauf hinter uns. Das finden wir auch richtig gut, dann hat der Blitz einen höheren Punkt zum einschlagen. Einschlagen wird er aber nicht im LKW, sondern im Telegrafenmasten gleich neben uns.
Die Ohren reibend schauen wir zu, wie das wenige an Landschaft unter Hagelkörnern begraben wird. Nach einigen Minuten ist der Spuk vorbei und wir können wieder weiter fahren. Noch ein Weilchen mit Schlussleuchte und Warnblinkern, dann gehts wieder ganz normal. Schnell nochmal auf dem Standstreifen gehalten und die Front von unserem Mitsu beschaut. Eine kleine Delle hat er abbekommen. Macht nix, Narben sind sexy!
Die Abkühlung ist nur kurz spürbar. Wenige Minuten später ist es heiß wie zuvor und das Eis weggeschmolzen. Sowohl draußen, als auch in Isis Tüte. Hätte ich doch nur ein paar Hagelkörner eingesammelt. Wir fahren weiter, als wäre nichts gewesen. Heutiges Tagesziel: Die Carlsbad Caverns. Ein unterirdischer Nationalpark. Ganzjährig 12 Grad Celsius.
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